logo asfFrauen sind heute besser ausgebildet denn je und nehmen immer stärker am Erwerbsleben teil. Folgerichtig hat der Frauenanteil im Bundestag, in den Länderparlamenten, sowie in den Stadt- und Gemeinderäten in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen, war nie so hoch wie heu-te. Dennoch sind Frauen in politischen Ämtern gemessen an ihrem Anteil der Bevölkerung nach wie vor unterrepräsentiert. Das gilt leider insbesondere für die kommunale Ebene, wo sich der Frauen-anteil häufig auf nicht einmal 30 Prozent beläuft.

In den kommenden Tagen erscheint das dritte sog. „Genderranking“, das Prof. Dr. Lars Holtkamp und Dr. Elke Wiechmann der FernUniversität Hagen im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung erstellt haben. Ziel dieser Untersuchung war es, die Beteiligung von Frauen an politischen Führungspositi-onen in den deutschen Großstädten zu zeigen. Die Ergebnisse sind erschreckend: Politikerinnen sind auch im Jahr 2013 in den Rathäusern deutscher Großstädte stark unterrepräsentiert, beson-ders deutlich zeigt sich das bei den Spitzenposten: Nur 14 Prozent der Oberbürgermeister sind weiblich. Den traurigen letzten Platz der 79 Städte des Genderrankings belegt die Landeshaupt-stadt Magdeburg, wo Frauen in politischen Führungspositionen eine „Rarität“ darstellen, so das Ranking. Sowohl der Oberbürgermeister, als auch alle Dezernenten und Fraktionsvorsitzenden sind Männer, ebenso 12 der 13 Ausschussvorsitzenden. Selbst den Vorsitz des Ratsausschusses für Fa-milie und Gleichstellung hat keine Frau inne. Nur 21,43 Prozent der Stadtratsmitglieder sind weib-lich. „Von modernen Gleichstellungsnormen sind wir in Magdeburg also noch weit entfernt“, so die Schlussfolgerung.

Tatsächlich ist das Ergebnis wahrlich kein Ruhmesblatt für unsere Stadt und zeigt, welchen Nach-holbedarf es in Bezug auf die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an politischen Führungspositi-onen auch im Jahre 2013 noch gibt. Für eine gelungene und nachhaltige Entwicklung der Städte und Kommunen ist das Engagement der Menschen vor Ort immens wichtig – und das gerade in der Kommunalpolitik. Gerade in der Kommunalpolitik als dem Ort, an dem sich politische Entscheidun-gen unmittelbar auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger auswirken, müssen Frauen gleicherma-ßen vertreten sein. Wenn Politik die Gesellschaft gestalten will, muss sie sie auch repräsentieren! Der Mangel an Vielfalt in den politischen Organisationen stellt über kurz oder lang unsere demokra-tischen Grundsätze in Frage. Gelingt es nicht, alle gesellschaftlichen Gruppen einzubinden, können die Interessen dieser Gruppen auch nicht repräsentiert werden.

Doch warum finden so wenige Frauen den Weg in Parteien und Ämter? Lassen wir uns nicht von alten Vorurteilen leiten. Argumente wie „Frauen interessieren sich doch nicht für Politik!“ sollen nur bestehende Ungleichheiten legitimieren. Praktischerweise entfällt damit auch die Verantwortung, diesem Phänomen Abhilfe zu schaffen und Anstrengungen für eine bessere politische Teilhabe von Frauen unternehmen zu müssen. Dass Frauen politisch nicht per se weniger interessiert sind, zeigt schon deren hohe Wahlbeteiligung, die in den Altersklassen zwischen 20 und 60 Jahren regelmäßig die der Männer sogar leicht übersteigt. Es scheint also vor allem die praktische Umsetzung politi-scher Arbeit zu sein, die die geringere Beteiligung von Frauen erklärt.

Wer Politik in verantwortlichen Positionen mitgestalten will, kommt an den Parteien nicht vorbei, hier beginnt (fast) jede politische Karriere. Für Frauen besitzen die Parteien hingegen nur geringe Attraktivität, häufig bevorzugen sie die eher spontanen und weniger formalisierten Beteiligungs-formen insbesondere der neuen sozialen Bewegungen. Auch die ungleiche Lebenssituation und die Arbeitsteilung in der Familie beschränken die zeitlichen Spielräume für Frauen, sich politisch in einem größeren Umfang zu engagieren. Alle relevanten Untersuchungen zeigen einen engen Zu-sammenhang zwischen dem Alter des Kindes und dem politischen Engagement der Mutter, wäh-rend ein solcher Zusammenhang bei Vätern nicht besteht. Gerade die Frage der möglichen Präsenz ist hier aber von zentraler Bedeutung, da sich die politische Arbeit von einer Feierabendtätigkeit immer mehr zum eigentlichen Hauptberuf entwickelt.

Wie kann eine ausgewogenere Mitwirkung von Frauen und Männern an politischen Entschei-dungsprozessen erreicht werden? Um den Anteil von Frauen in politischen Gremien entscheidend zu erhöhen, ist die Einführung einer Geschlechterquote auch auf kommunaler Ebene unabdingbar, dafür plädieren übrigens auch Holtkamp und Wiechmann. Auch das Genderranking zeigt, dass die Beteiligung von Frauen in den politischen Gremien und Räten maßgeblich davon abhängt, welche Parteien mehrheitlich vertreten sind. In der SPD, die sich wie andere auch innerparteiliche Quoten gegeben hat, ist der Frauenanteil höher und ihre gleichberechtigte Mitwirkung selbstverständlich. Wir haben vor mehr als 25 Jahren eine 40-prozentige Geschlechterquote im Organisationsstatut verankert und damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Um den Anteil von Frauen in politischen Gremien entscheidend zu erhöhen, brauchen wir daher eine allgemeine Geschlechterquote auf kommunaler Ebene.

Flankiert werden müssen solche Maßnahmen aber immer auch durch ein gesellschaftliches Um-denken. Ohne eine Abkehr von traditionellen Rollenverständnissen dürfte es schwer werden, die Chance auf politische Teilhabe geschlechterunabhängig zu gestalten. Diese ist aber für alle Seiten wünschenswert. So brauchen Frauen Parteien und politische Ämter, um politisch teilhaben zu kön-nen, um für mehr Gleichberechtigung zu kämpfen, Chancengleichheit zu verwirklichen und eigene Themen auf die politische Agenda zu hieven. Indem ihre Anliegen besser gehört und umgesetzt werden, verändert und verbessert sich die Politik vor Ort. Daher sollten die Parteien Frauen nicht nur als potentielle Wählerinnen in Wahlkampfzeiten verstehen, sondern sich ihnen noch stärker öffnen und ihren Anliegen angemessen Rechnung tragen.

Am 25. Mai 2014 werden in Sachsen-Anhalt wieder Kommunal- und Europawahlen durchgeführt. Hier bietet sich die Möglichkeit, die Präsenz von Frauen im Magdeburger Stadtrat und den höheren politischen Ämtern deutlich zu verbessern. Diese Chance sollte nicht ungenutzt verstreichen. Wir brauchen mehr Frauen in Deutschlands Rathäusern, nicht zuletzt in Magdeburg!

Sarah Schulze, AsF-Stadtverbandsvorsitzende